„Etwas tun, das aufzeigt, wohin es gehen könnte…“ – Nachruf auf Clemens Bruns-Sommerhage

Völlig unerwartet ist im September (2022) Clemens Bruns-Sommerhage verstorben.

Clemens war Architekt und Stadtplaner. Sein berufliches und politisches Interesse zielte von Anfang an darauf, nutzungsorientiert zu planen und bauen und dies, so weit wie möglich, mit den Nutzerinnen und Nutzern und nicht von außen für sie. Mit dieser Ausrichtung stieß er schon früh zum WOHNBUND, dem 1983 gegründeten Verein zur Förderung wohnpolitischer Initiativen und war 1986 maßgeblich an der Organisation des 3. Internationalen Wohnbund-Kongresses beteiligt, der in Münster abgehalten wurde. Dieser Kongress mit dem Titel „Konzepte zur Wohnraumerhaltung – Beispiele, Modelle, Experimente“ hatte außerordentlich großen Zulauf unter den Interessenten einer Neuorientierung von Stadtentwicklung und Wohnungspolitik. In seinem Gefolge erlebten örtliche und regionale Initiativen einen Aufschwung, und WohnBund-Beratung NRW wurde als erste regional tätige Beratungs- und Entwicklungsagentur gegründet.

Clemens war Gründungsmitglied und von 1991 bis 2001 einer der Geschäftsführer von WBB. Maßgeblich hat er den Unternehmensaufbau, die soziale und bewohnerorientierte Projekt-, Forschungs-, Beratungs- und Vernetzungsarbeit bei WBB entwickelt und vorangetrieben. Inhaltlich und konzeptionell hat er vor allem den Bereich „Benachteiligte Stadtquartiere“ in NRW mit aufgebaut – ein Feld, welches zunehmend bundesweit in seiner sozialen und städtebaulichen Bedeutung erkannt und seit 1999 als Städtebauförderungsprogramm „Soziale Stadt“ politisch und institutionell verankert und gefördert wurde.

Aus WBB GmbH schied er 2006 aus gesundheitlichen Gründen aus. Der Kontakt blieb jedoch bestehen, und wenn er gelegentlich als Gast zu Treffen kam, war die Freude auf beiden Seiten groß.

Stadtplanung und Stadtentwicklung bildeten auch einen Schwerpunkt von Clemens politischer Tätigkeit als Mitglied der Grünen (die er 1979 damals noch als GAL mitgegründet hatte) im Rat der Stadt Münster, dem er von 1987 bis 2004 angehörte, davon vier Jahre lang als Fraktionsvorsitzender. Von Anfang an verband er ökologische und soziale Belange, etwa beim Bau der weit über die kommunalen Grenzen hinaus bekannten Radstation in Münster oder in verschiedenen erfolgreichen Auseinandersetzungen über die Erhaltung und Sanierung preiswerter Häuser und Wohnbestände. Clemens erlebte man durchweg als eine Person mit klaren eigenen Orientierungen, dabei offen für andere Meinungen, jedoch insistierend auf Möglichkeiten der praktischen Umsetzung. Er war hochengagiert in der Sache, – wenn es sein musste auch durchaus streitbereit bis zu gerichtlichen Auseinandersetzungen –, bezogen auf seine Person selbst jedoch zurückhaltend und uneitel .

Besonders verbunden war er dem Stadtteil Kinderhaus (wo er in den letzten Jahren auch wohnte), einem durch Hochhäuser geprägten Stadtteil im Norden von Münster, der in Teilen als sozialer Brennpunkt galt. Sein Herzensanliegen hier ist die Gründung und der Betrieb des „Atrium“ gewesen, einem Kulturverein, den er bis zu seinem Tod aktiv, und das heißt auch mit eigenen kulturellen Beiträgen, unterstützt hat. Im Andenken und als Dank an ihn ist dort nach seinem Tod eine Gedenkfeier mit vielen Weggefährten und Freunden und Freundinnen organisiert worden.

Welche ausgeprägten musischen Interessen und Begabungen Clemens hatte, wussten viele gar nicht. Wirklich ausleben konnte er sie auch erst, nachdem die langen Jahre mit den enormen Arbeitsbelastungen vorüber waren. Seine große Leidenschaft waren Konzerte, insbesondere Klavier, für die er oft durch Nordrhein-Westfalen reiste. Er liebte Ballettaufführungen und hatte ein Abonnement in Dortmund. Er war sehr kunstinteressiert und ging besonders gerne mit Besuchern ins Picasso-Museum in Münster. Unvergessen sind seine Führungen per Fahrrad in den Jahren der Münsteraner Skulpturen-Projekte: akribisch geplant einschließlich Fahrrad-Reservierungen, vorbereitete künstlerische und kommunalpolitische Kommentierungen der im Stadtraum verteilten Skulpturen, immer auch einen Plan B, wenn Plan A nicht einzuhalten war, und mit fröhlichem Abschluss in einer Kneipe. Er liebte es, phantasievoll zu kochen und Gäste zu bewirten. Er hat selbst gemalt und Computerkunst gemacht und an Freunde und Freundinnen z.B. selbst kreierte Kalender verteilt.

Clemens wird uns als kluger Reflexionspartner und Initiator, als liebenswürdiger Gastgeber, als umsichtiger Stadtführer, als begeisterter Konzert-und Museumsbegleiter – und als Freund fehlen. – Marlo Riege